12.03.2014

Aufenthaltsbestimmung bei Auswanderung

Eine besondere Problematik entsteht immer dann, wenn nach der Trennung der betreuende Elternteil an einen weit entfernten Ort umziehen will und dadurch dem nicht betreuenden Elternteil das Umgangsrecht erheblich erschwert wird. Meist ist dann gewollt, dem Umzugswilligen den Umzug zu untersagen.

Nachdem eine Vielzahl obergerichtlicher Entscheidungen immer neue Kriterien herangezogen haben, hat der BGH (Beschluss vom 28.04.2010, XII ZB 81/09) nunmehr den Blick wieder auf den entscheidenden Gesichtspunkt gelenkt, das Kindeswohl!

Der Fall:
Nach der Scheidung sind beide Elternteile weiterhin gemeinsam für ihre Tochter sorgeberechtigt. Die Mutter, bei der das Kind bis jetzt lebt, beabsichtigt, mit dem achtjährigen Mädchen zu ihrem Lebensgefährten nach Mexiko umzuziehen und dort unternehmerisch tätig zu werden.
Der Vater ist mit einer Übersiedlung des Kindes nach Mexiko nicht einverstanden. Er befürchtet erhebliche Einschnitte in die Beziehung des Kindes zu ihm und hält die Auswanderungsentscheidung der Mutter für eine riskante Lebensplanung, weil sie ihr privates und berufliches Schicksal mit ihrem Lebensgefährten verknüpfe.

Das Amtsgericht hatte sich gegen eine Übersiedlung des Kindes ausgesprochen, das Aufenthaltsbestimmungsrecht dem Jugendamt übertragen. Dagegen hat sich der Vater beschwert und Übertragung des Rechtes auf ihn beantragt.

Nach ständiger Rechtsprechung ist zunächst zu überprüfen, ob die Umsiedelung nach Mexiko eine Gefährdung des Kindeswohles gemäß § 1666 BGB (z. B. körperliche Schäden zu erwarten) bedeuten würde. Eine solche wurde hier verneint.
Sodann hat eine Überprüfung anhand des § 1671 BGB zu erfolgen und festzustellen, welche der zur Verfügung stehenden Alternativen die dem Wohl des Kindes am besten entsprechende sei. Dabei stünden zur Verfügung:
- Übersiedlung mit dem bisher betreuenden Elternteil
- Wechsel in den Haushalt des anderen Elternteils

Die theoretische Möglichkeit, Verbleib des betreuenden Elternteils in Deutschland, war aufgrund des diesem zustehenden allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht in die Überprüfung einzubeziehen.

Folgende Gesichtspunkte sind in der Entscheidung zu berücksichtigen:
- Erziehungseignung der Eltern
- Bindung des Kindes zu beiden Eltern
- Förderungsprinzip
- Kontinuitätsprinzip
- Kindeswille

Unbeachtlich dagegen ist das Motiv des Elternteils für den beabsichtigten Umzug. Selbst wenn die Mutter in ihr Heimatland zurückkehrt oder berufliche Gründe den Umzug erforderten, sei dies nicht zu berücksichtigen.
Eine Ausnahme davon gilt in Fällen, in denen der Umzug ausschließlich dazu dienen soll, den Kontakt zwischen dem Kind und dem anderen Elternteil zu vereiteln oder der Umzug ersichtlich unvernünftig ist. Dann nämlich bestehen berechtigte Zweifel an der Erziehungseignung.
Dagegen führt die bloße Beeinträchtigung des Umgangsrechts durch einen Umzug nicht zu der Vermutung, auch das Kindeswohl sei dadurch beeinträchtigt.

Zwar ist das Bedürfnis des Kindes auf einen Umgang mit beiden Elternteilen ein Element der Kindeswohlprüfung, im konkreten Fall sei aber eine besonders starke Bindung zur Mutter vorhanden, welche letztlich den Ausschlag gebe.