02.03.2015

Entgangener Gewinn als Schaden bei Vereitelung des Vorkaufsrechtes des Mieters

Der Bundesgerichtshof hatte in der Entscheidung vom 21.01.2015 zum Aktenzeichen VIII ZR 51/14 über einen Schadenersatzanspruch eines Mieters, wegen Vereitelung seines gesetzlichen Vorkaufsrechtes gemäß § 567 BGB zu entscheiden. Im zugrunde liegenden Fall lebte die Klägerin seit 1992 als Mieterin einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in Hamburg, die Beklagte ist durch Eigentumserwerb in diesen Mietvertrag eingetreten. Zwischen den Parteien ist streitig, ob Wohnungseigentum an den Wohnungen des Hauses vor oder nach Mietbeginn gegründet worden ist. Mit notariellem Kaufvertrag vom 17.05.2011 veräußerte die Beklagte, sämtliche Eigentumswohnungen an einen Dritten. Dieser wurde am 18.07.2011 als neuer Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Die Klägerin wurde von der Beklagten weder vom Kaufvertragsabschluss unterrichtet, noch auf ihr Vorkaufsrecht hingewiesen.

 

Am 12.01.2012 bot der neue Eigentümer der Klägerin die von ihr bewohnte Wohnung zum Preis von 266.250,00 € zum Kauf an. Die Klägerin macht im vorliegenden Verfahren geltend, die Beklagte habe durch die unterlassene rechtzeitige Unterrichtung vom Verkauf das gesetzliche Vorkaufsrecht der Mieterin vereitelt und ihr sei daher ein Schaden entstanden. Nach dem Vortrag der Klägerin hätte sie bei Ausübung des Vorkaufsrechtes die Wohnung zu einem Kaufpreis von 186.571,00 € erwerben können, nicht zu dem ihr nunmehr angebotenem Kaufpreis, welche dem Verkehrswert der Wohnung entspreche. Wäre sie auf ihr bestehendes Vorkaufsrecht hingewiesen worden, hätte sie somit einen Gewinn von 79.478,75 € erzielen können. Das Amtsgericht hatte zunächst die auf Zahlung dieses Betrages gerichtete Klage abgewiesen, auch das Landgericht hatte im Zuge des Berufungsverfahrens dieses Urteil bestätigt. Das Berufungsgericht sah den geltend gemachten Schaden nicht mehr vom Schutzzweck des § 577 BGB gedeckt. Die Differenz zwischen Verkehrswert und Kaufpreis sei nur ersatzfähig, wenn der Mieter sein Vorkaufsrecht ausgeübt habe und der Vermieter hierauf hin den Kaufvertrag nicht erfülle, sondern die Wohnung an einen Dritten übereigne. Dies sah der Bundesgerichtshof als Revisionsinstanz anders, hiernach steht dem Mieter ein Schadenersatzanspruch auch dann zur Seite, wenn der Mieter in Folge einer Verletzung der den Vermieter treffenden Mitteilungspflichten hinsichtlich des für den Mieter bestehenden Vorkaufsrechtes vom Inhalt des Kaufvertrages und sein Vorkaufsrecht erst nach Übereignung der Wohnung an den Dritten Kenntnis erlangt und aus diesem Grund sein Vorkaufsrecht nicht mehr ausübt.

 

Die Mitteilung vom Eintritt des Vorkaufsfalles und die Belehrung über das Vorkaufsrecht sollen den Mieter, so der BGH, in die Lage versetzen, sein Vorkaufsrecht auszuüben und damit einen Anspruch auf Übereignung der Wohnung zu begründen. Erhält der Mieter diese Informationen erst zu einem Zeitpunkt zu dem der Kaufvertrag schon abgewickelt ist, stehe zu vermuten, dass der Vermieter die nicht mehr in seinem Eigentum stehende Wohnung nicht an den Vermieter übereignen kann. In einem solchen Fall sei vom Mieter nicht mehr zu verlangen, dass er zunächst ein Vorkaufsrecht ausübt um hierdurch einen Kaufvertrag mit dem Vermieter zustande zu bringen den dieser ohnehin nicht mehr erfüllen könne. Vielmehr, so der BGH, könne der Mieter dann unmittelbar auf Ersatz des Erfüllungsschadens, hier dem entgangenen Gewinn, vorgehen.

 

Sinn der gesetzlichen Regelungen des § 577 BGB sei es nicht nur dem Mieter vor einer Verdrängung durch Drittkäufer zu schützen, sondern dem Mieter auch die Möglichkeit zu eröffnen, die Wohnung zu einem Kaufpreis zu erwerben, den auch ein Dritter zu zahlen bereit wäre. Der Bundesgerichtshof konnte in der Sache selbst jedoch nicht endgültig entscheiden, da hierfür abschließende tatsächliche Feststellungen durch das Berufungsgericht noch zu treffen waren.